Dienstag, 30. September 2008
von Le Châtelet nach La Châtre

zum Seitenende

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7.00 Uhr aufstehen. Brigitte geht zuerst in das Bad. Für eine kleine Weile kann ich noch die Bettwärme genießen, doch dann wird es auch für mich Zeit dem Badezimmer einen Besuch abzustatten. Im Restaurant wartet bereits ein typisch französisches Frühstück auf uns: Cafe au lait, Marmelade, Butter, Flüts und sogar getoastetes Brot. Bevor wir uns gestärkt und gut gelaunt über die steile Treppe in unser Schlafgemach zurückbegeben, dort wartet noch der Rucksack um fertig gepackt zu werden, lassen wir noch im Hotel Du Pont Bayard die Pilgerpässe stempeln.

$bb-02$ Zum Abschied machen wir noch einige Fotos, auch der Hotelier möchte sein Pilgerbuch, worin er die Teilnehmer mit Namen, Adressen, Bildern, Ankunft und Abreise verewigt, mit einem Foto von uns bereichern.

Nun wird es langsam Zeit, unsere Wanderung fortzusetzen. Der Weg führt uns durch den Ort, ein Straße hoch, vorbei an gepflegten Gärten und Blumenfeldern. Ein fleißiger Bauer ist bereits dabei seinen Garten umzugraben. Man sieht der guten, weichen, nicht scholligen Erde an, dass hier ein Gartenliebhaber am Werk ist.

Vorbei an einem herrlichen Blumenfeld führt uns die Straße auf eine Anhöhe zu einer alten Kirche aus dem 11. Jahrhundert. Es ist die ehemalige Abteikirche des Klosters Puyferrand.

$bb-03$ Leider ist sie, wie fast alle Kirchen in Frankreich, verschlossen, so dass nur eine Außenbesichtigung möglich ist. Portal, Kapitelle und Seitenansicht sind einige Erinnerungsfotos wert.

Das nächste Ziel ist Châteaumeillant. Heute wollen wir keine 31 Km laufen. Nachdem Brigitte am Vorabend gesundheitliche Probleme hatte, kam ihr die Reduzierung der Wegstrecke sehr gelegen. Bereits an der Kirche rief Manfred ein Taxi an. Wenigstens bis Châteaurneillant wollen wir den Weg verkürzen, aber leider ist von einem Taxi weit und breit nichts zu sehen. Die Wartezeit an der Kreuzung nutzen wir zu einer Fotopause. Toni geht links zum Denkmal und macht noch Bilder, ich habe mich für ein Blumenbild entschieden. Nach langem Warten wird überlegt: Warten wir auf das Taxi oder versuchen wir doch ein Auto anzuhalten. Toni versucht sein Glück. Tatsächlich hält ein Auto an, eine freundliche Dame holt uns alle mit. Die Rucksäcke werden in den Kofferraum verfrachtet. Sie fährt auch nach Châtaumeillant zur Arbeit. Unsere freundliche Dame ist Pharmazievertreterin für Ratiopharm in Châteaummeillant, Toni nimmt vorne Platz, Brigitte, Manfred und ich sitzen auf den hinteren Plätzen. Es entwickelt sich eine nette Unterhaltung.

$bb-04$ Da die Dame es eilig hatte, fahren wir mit bis zu ihrer Arbeitsstelle. Angekommen, laufen wir zur Kirche zurück. Ein riesiger Vorplatz. Wir steigen die Stufen hoch und besichtigen die Kirche. Eine romanische Kirche, konstruiert nach den Plänen der Benediktiner im 11. Jh. mit herrlichen Kapitellen, kleinen Fenstern und dicken mehreckigen Säulen. Die Kirche ist 52 Meter lang und 28 Meter breit und wurde im 19. Jh. restauriert.

Zur Geschichte: Châteaumeillant war der Ort, ein Oppidum namens Mediolanum. Entsprechende Belege wurden bei Bauarbeiten im 19. Jh. gefunden. Neben Gräbern, Münzen, Brunnen sowie anderen Gebrauchsgegenständen fand man fast 300 Amphoren aus der Zeit des 1. Jh. vor Christus.

$bb-05$ Die Amphoren waren seinerzeit zum Transport von italienischem Wein bestimmt. Das Weinbaugebiet Châteaumeillant erhielt am 18. Februar den Status eines Vin Delimité de Oualite Superieur. Der nach der gleichnamigen Gemeinde benannte Bereich mit rund 100 Hektar bestockter Rebfläche liegt am oberen Lauf der Loire. Es werden hauptsächlich Rotwein und Rose-Wein angebaut. Nach dem Besuch des Verkehrsamtes müssen wir weiter. Brigitte bleibt in Châteaumeillant.

Sie begleitet uns allerdings noch ein Stück des Weges bis zum Ortsausgang. Dann geht sie zurück. Manfred, Toni und ich verlassen den Ort. Der Weg steigt nach oben bis ACRE. Oben liegt ein stattlicher Hot.

Von hier haben wir eine herrliche Aussicht zurück über das ganze Tal. Die Augen werden nicht fertig mit staunen: viele Wiesen, kleine Seen (wie in der Brenne), weiße Kühe, um die Felder Heckenumrandungen, in der Ferne kleine Weinberge. Der nächste Ort ist Neret. Hier machen wir Rast, obwohl es erst 12 Uhr ist. Die schöne Anlage, offenbar der "Stadtpark" lädt uns geradezu ein. Es tut auch gut die Schultern kurz vom Druck des Rucksacks zu befreien.

Nach unserem Mittagsmahl legen sich Manfred und Toni noch in die Wiese und halten ein Schläfchen. Da der Wind so stark bläst, suchen sie Schutz hinter den Hecken. 12,30 Uhr - Zeit zum Aufbruch. Wir sind erst 5 Km gelaufen und haben noch mindestens 12 -13 Km vor uns.

Den Nachtisch spendet uns später die Natur; Nüsse, Brombeeren und Trauben. Was begehrt das Herz noch mehr. Ja, sogar Tomaten sind noch da; die hätten allerdings besser zum Brot geschmeckt.

$bb-06$ Auf der D 68, leider nur Landstraße, gehen wir bis Fontenay. Beeindruckende Gehöfte säumen rechts und links unseren Weg. Auf einem Hof erlauben wir uns nochmal eine Pause. Der Hof ist kein "Kapharnaum" wie am Tag vorher. Inzwischen ist es schon 14,15 Uhr, die Zeit läuft uns heute weg.

In den Ortschaften sind die Häuser mit vielen Blumen geschmückt. Auch säumen herrliche Bauerngärten den Weg. Interessant die schönen Tomatenstöcke in diesen Gärten, zudem mit reicher Ernte. Schade, dass wir hier nicht ernten können.

Ein abwechslungsreicher Weg, viele Hohlwege, umsäumt von hohen Bäumen, Nussbäumen, Heckenzäunen, Wiesen, riesigen Sonnenblumenfeldern, eine interessante Landschaft.

$bb-08$ Da schon wieder Nussbäume! Toni und Manfred betätigen sich als "Nussernter", als Hilfe benutzen sie ihren Stock. Ich bin der Nutznießer ich brauche mich nur zu bücken um die gefallenen Nüsse zu ernten. Wir gehen dann tatsächlich unter einer richtigen Nussallee durch. Hier ernten wir allerdings nicht alleine. Die Anwohner kommen mit ihren Autos, haben Taschen und Tüten und stopfen rein soviel wie nur geht. - Zur Nachahmung empfohlen, auch wir füllen unsere Taschen voll.

Inzwischen ist es bereits 16.00 Uhr als wir LAC erreichen. In einem Park gegenüber der kleinen Kirche machen wir nochmal Pause. Da der Wind so stark bläst, legen sich Toni und Manfred auf ihre liegenden Güter um auszuruhen. Irgendeine Unruhe macht sich in meinem Inneren breit. Mein Handy meldet sich. Hedwig hat mir aufs Handy gesprochen, dass es Mama schlecht geht. Ich rufe in Besch an. Ihr Zustand hat sich wieder, allerdings nur vorübergehend gebessert. Jedoch die Unruhe bleibt. - Wir müssen weiter. - Der Weg führt durch ein Neubaugebiet, an einem Sportplatz vorbei. Dann kommen wir durch Les Petraces. Durch ein Gewerbegebiet gelangen wir an eine große Kreuzung. - Ein herrlicher Blick auf La Chartre. - Die Kirche steht majestätisch über dem Tal.

Ich versuche verzweifelt ein schönes Foto zu schießen. Aber es will einfach nicht gelingen. Manfred und Toni entgeht mein Bemühen, sie wander weiter. Meine Fotoversuche sind gescheitert, deshalb ich muss schnell nachlaufen um wieder Anschluss finden.

$bb-09$ $bb-10$ Nach der großen Kreuzung überqueren wir eine Hauptstraße, biegen in eine Gartenanlage ein. Viele kleine Gärten, mit Blumen und besonderen Früchten und Bäumen. Über eine historische Brücke gelangen wir nach La Châtre. Brigitte erwartet uns schon an dieser Brücke. Als Begrüßungsgeschenk hat sie sehr gut schmeckende Mandarinen und etwas Süßes mitgebracht.

Die historische Brücke muss natürlich fotografiert werden. Danach steigen wir die Stufen hoch, kommen in einen alten Park, von dort haben wir nochmal eine gute Aussicht in die Landschaft. Wir halten Ausschau nach der alten Kirche, und machen noch eine kurze Besichtigung. Doch es ist Zeit, unser Quartier aufzusuchen. Brigitte hatte es mittags schon bezogen; deshalb konnte sie uns schnell hinführen.

Nach dem Duschen, Haare waschen und stadtfein machen, gehen wir wieder zurück in die Stadt. Die Suche nach einem Restaurant stellt sich als schwierig heraus. Wir haben doch noch ein nettes Lokal entdeckt. Eine junge Dame führte uns nach oben in den ersten Stock, sie konnte sogar etwas Deutsch. Es wurde ein lustiger Abend, Toni lässt wie immer seinen Charme spielen und flirtet mit der jungen Dame. Für mich hatte das Lustige und Schöne leider einen üblen Nachgeschmack, das Essen ist mir absolut nicht bekommen.

Renate








Ein etwas anderer Pilgertag

$bb-11$ STOP - ja, so heißt es heute für mich, ich werde nicht mitwandern, schon der 2. Wandertag wird für mich zum Ruhetag. Manfred vergewissert sich, dass ich die Adresse des Hotels habe, wo wir in La Châtre heute Abend übernachten, denn ab Châteaumeillant werde ich allein "pilgern". Gleich hinter Manfred ist ein wunderschönes Blumenfeld, eine einzige Blüte habe ich "mitgebracht" .

Ab diesem Schild geht es zuerst für uns alle per Auto-Stop weiter nach Châteaumeillant - so wie es Renate in ihrem Bericht geschildert hat. Ich begleite unsere Gruppe bis zum Ortsausgang von Châteaumeillant, dann gehe ich zurück in den kleinen Ort.

$bb-12$ Ein komisches Gefühl ist das schon, plötzlich so ganz allein auf dem Jakobsweg zu sein, und doch finde ich es auch schön, einen Tag total ruhig und "egoistisch" zu verbringen. Ich schlendre durch den Ort, schaue mir die kleinen Geschäfte an, kaufe mir Proviant für den Tag und gehe wieder in die große, alte Kirche St. Gênes, die wir eben gemeinsam besichtigt haben, ein Ort zum Innehalten, in der Stille des Kirchenraumes die Gedanken ordnen, loslassen, ausruhen ....

Es ist noch keine 12 Uhr, als ich die Kirche verlasse, doch vor dem Informationsbüro, das gleich gegenüber von der Kirche ist, steht bereits die von mir bestellte Taxe. Eine junge, sympathische Frau wartet schon auf mich. "So allein - mit Rucksack unterwegs?" - Sie möchte alles wissen. Ich erzähle in der Hoffnung, dass sie mein Kauderwelsch-Französisch versteht. Madame hat uns heute morgen gesehen, als wir am STOP-Schild standen und auf die bestellte Taxe warteten, die dann doch nicht kam. Sie fährt mich nach La Chatre ins Hotel. Le Chopin" in der Rue de Belgique, ca. 12 km. Was das Wappen der Stadt wohl bedeutet?

$bb-13$ Ein recht "abenteuerliches" Hotel! Nein, in diesem Zimmer mit Blick zum Hinterhof fühle ich mich nicht wohl. Warum? Es ist kalt, ungemütlich und einsam ohne Renate. Ich stelle meinen Rucksack ab, richte mich ein wenig ein - und bin schnell wieder weg! Mein kleiner Stadtplan hilft mir, den richtigen Weg ins Zentrum zu finden. Dort herrscht pulsierendes Leben! Ca. 4.500 Einwohner hat das Städtchen. Ich werde mich zuerst vergewissern, wo unsere Wander-Pilger sind, ob ich Manfred per Handy erreichen kann? Auf dem Place de la Republique, dort wo der Justizpalast steht, entdecke ich recht einladend eine Bank in der Sonne, für mich! Toni, Renate und Manfred werden noch ca. 2 - 3 Stunden benötigen bis sie hier in La Chatre ankommen. Es bleibt mir also noch viel Zeit um das Städtchen zu erkunden.

$bb-14$ Über den Place du Marche und die Rue de Saint Jacques erreiche ich im Herzen der Stadt die Eglise Saint-Germain, deren Anfänge im 11. Jh. liegen.

Ich freue mich riesig, als ich im Innern der Kirche eine Statue des hl. Jakobus finde. Schnell ein Foto machen! Doch bei näherem Hinsehen entdecke ich den Hund mit dem Brot im Maul und die Pestwunde am Bein. Nein, es ist nicht Jakobus, es ist der hl. Rochus als Jakobspilger mit Muschel, Pilgerstab und Kalebasse. Schade, dieses Jahr haben wir den hl. Jakobus noch nirgends "angetroffen". Oder habe ich ihn etwa irgendwo übersehen?

Das Theater von La Chatre trägt den Namen ihres Sohnes Maurice Sand. Eine Serie Kristallgläser wurde nach ihr benannt und noch vieles mehr. In einer Parkanlage wurde ihr ein Denkmal gesetzt.

Die Rue Nationale laufe ich runter und dann wieder rauf, Karten kaufen, schreiben, Kaffee trinken.

$bb-15$ Im Donjon de Chauvigny, einem alten Turm aus dem 15. Jahrhundert, ist heute ein Museum untergebracht, "Musee George Sand et de la Vallée Noire". Von 1734 - 1937 wurde er als Gefängnis benutzt. Heute kann man dort Erinnerungen an George Sand (1804-1876) und ihre Freunde finden. Ja, wir sind im "Pays de George Sand". Immer wieder liest man ihren Namen, ganz vieles ist nach ihr benannt: Parks, Straßen und Schulen.

$bb-18$ Mein Weg führt mich vorbei an der Fontaine Sainte-Radegonde, einem Brunnen im gotischen Stil, "Monument­ historique" aus dem 16. Jh. Im Brunnenhaus wurden früher vor dem Bild der Heiligen Kerzen abgebrannt und für eine glückliche Geburt gebetet.

$bb-16$ Am kleinen Platz, “Place Laisnel de la Selle", benannt nach einem Bürgermeister von La Chatre und Freund von G. Sand, steht das "Maison de Bois" aus dem 15. Jh. Dieses "Maison rouge", wie es auch genannt wird, erwähnt George Sand in einem ihrer Romane, eine Fleuristin lässt sie darin wohnen.

$bb-17$ So viel Zeit, wie mir heute zur Verfügung steht, um das Städtchen zu erkunden, haben wir sonst nie. Doch der Zeiger der Uhr steht nicht still, ich muss den Muschelzeichen folgen, damit ich meine Jakobspilger treffe. Ich möchte ihnen ein wenig entgegengehen. Als ich von der Rue de la Fontaine in die Rue du Pont aux Laies einbiege, erblicke ich am Ende der Straße bereits Renate! Eigentlich wollte ich Renate, Toni und Manfred außerhalb des Städtchens auf dem Pilgerweg treffen. Sie waren schneller hier, als ich gedacht habe. Doch ich freue mich, als wir uns unten im Tal an der mittelalterlichen Bogenbrücke, Pont aux Laies, die über den Indre führt, treffen. Es ist schön, wieder in der Gruppe zusammenzufinden, nicht mehr allein zu sein! Den weiteren Tagesverlauf erzählt Renate in Ihrem Bericht.

Brigitte

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