Freitag, 3. Oktober 2008
von Gargilesse nach Crozant

zum Seitenende

$bb-01$ Manfred steht um 06:45 Uhr auf. ich drehe mich noch zweimal im Bett, aber es kann nichts helfen. Das Zimmer war groß und romantisch unter dem Dach bei freiem Gebälk. Wir hatten viel Platz, wenn auch das Klo draußen und 3 Tritte höher war. Um 07:30 Uhr ist Kaffee angesagt, und bis dahin muss alles wieder gepackt sein. Wieder sind wir alleine in der Gaststube. Da gibt es ein paar Schnick-Schnack und wenig Brot. Kurz vor 09:00 Uhr brechen wir auf. Wir wollen noch hinauf zur Kirche!

Gestern Abend war sie schon geschlossen und heute Morgen besorgt Manfred gleich den Schlüssel in der Mairie. Ja, die Kapitelle sind einmalig, soweit man sie sehen kann, denn es ist noch duster im Innenraum. Nach einer Weile gehe ich hinaus und warte auf dem oberen Platz, dort ist ein Esel angebunden und sehr unruhig. Ein Mann kommt aus der Gîte und erzählt, dass der Esel ihr Lasttier war und sie ihn jetzt wieder verkaufen wollen.

Da kommt Brigitte gelaufen und lädt ein, doch die Fresken in der Krypta zu besichtigen. Der Raum sei offen und die Fresken aus dem 12. Jahrhundert seien einmalig. Tatsächlich! Die Verkündigung, die Anbetung der Könige, die Kreuzigung, das letzte Gericht. Etliche sind gut restauriert, andere hat der Zahn der Zeit zernagt. Da hätte ich wirklich etwas Wichtiges verpasst.

$bb-03$ $bb-04$ Bevor wir die Krypta verlassen, entferne ich noch eine Menge Spinnweben an den Fenstern, die waren aber doch nicht zu übersehen. Vom Oberen Platz noch einen Rundblick über Gargilesse und dann geht es abwärts. Da liegt rechter Hand auch das Haus von George Sand; hier hat die Schriftstellerin einen Teil ihres Lebens verbracht. Heute sind dort Erinnerungsstücke von ihr zu sehen. Wir gehen vorbei, geben den Schlüssel zurück und kaufen noch ein paar Karten von den Fresken; die Post nebenan ist noch geschlossen - es ist 09:45 Uhr.

$bb-02$ Wir überqueren die Gargilesse und steigen gleich die steile Straße hoch. Renate nimmt die Spitze und läuft uns davon, ich stopfe hinterher. Es tröpfelt. Als die Höhe erreicht ist verlassen wir den Teerweg und gehen auf Feldwegen weiter. Da ist eine schöne und weite Aussicht, selbst wenn auch Hecken die Pfade säumen. Wir passieren Le Cerisier, dann Les Charons und sind um 11:00 Uhr in Cuzion. Die Kirche ist alt und sauber; vor ihr liegt der sogenannte Totenstein. Sie steht voller Statuen aus dem 19. Und 20. Jahrhundert. Natürlich bin ich wieder nass geschwitzt und muss mich umziehen. Nebenan auf einer Bank.

Da höre ich Renate laut weinen. Ich eile hin. Sie hat ihr Gesicht tief in beide Hände vergraben. Ich frage, und sie antwortet, ihre Mutter sei gestern Abend gestorben. Soeben habe sie das Handy abgehört. Brigitte und Manfred kommen. Wir setzen uns eine Weile schweigend zu ihr und versuchen, ihr Trost zuzusprechen Es ist uns sofort klar, dass wir unseren Weg abbrechen werden und in den nächsten Tagen nach Hause fahren.

Schließlich gehen wir weiter während Manfred Brot kaufen geht. Das Handy klingelt: Bruder Klaus ruft an. Er erzählt noch einmal, wie die Mutter gestorben ist und sagt die Beerdigung für Mittwoch an. Der Weg geht im Wald abwärts über einen engen und steinigen Pfad hinunter zur Creuse. Da sind alle Sinne gefordert, um nicht ins Stolpern zu kommen. So ist das Leben! Er würde jedem Bergpfad Ehre machen. Wir beten den Rosenkranz. Endlich sind wir unten, und damit schon am Stausee. Die Sonne kommt. Das Wasser ist glatt, Bäume und Felsen vom Ufer spiegeln sich.

$bb-05$ Wir versuchen ein paar Fotos und suchen dann den weiteren Pfad im hohen Gestrüpp. Wir beten den Rosenkranz zu Ende und gehen schweigend am Ufer weiter. Irgendwann soll doch eine Brücke kommen. Wir sind mit unseren Gedanken bei Renate, ihren Geschwistern und ihrer Mutter.

Dann endlich kommt die Pont des Piles über die gestaute Creuse. Da oben ist die Staumauer vom zweiten Stausee, und dann folgt noch ein dritter: alle zur Elektrizitätsgewinnung. Wir verschnaufen einen Augenblick und folgen dann der Teerstraße in etlichen Kehren bergan. Den Plan, der Creuse weiter zu folgen, verwerfen wir sofort wieder. LKW kommen uns mit hohem Tempo entgegen. Fast alle Fahrer haben das Handy am Ohr. Nach der Xten Kurve können wir rechts ab und so abkürzen. Der Weg ist vor getrampelt und wir folgen. Es ist Mittagszeit und ich suche nach einem Rastplatz. Eine schöne Wiese mit schöner Aussicht lag vorhin zu dicht an der Straße. Bald kommt zur Rechten ein Bauernhaus Sicht. Nach allen Anzeichen ist es nur mehr ein Wochenendhaus, und wir beschließen, da auf der Haustreppe und an der Front unsere Mittagsrast zu machen. Die Fensterläden sind geschlossen, doch der Garten ist bestens gepflegt und in Ordnung. Hinter dem Haus stehen gleich 3 Hundehütten! Da sind wir auch vor dem heftigen Wind geschützt. Ja, es geht uns gut. Die Sonne scheint, es ist warm; der Blick geht über die Creuse an die Felsen und bis hinzu einem Chateau. Bis nach Cuzion haben uns ganze Nussbaum-Alleen begleitet. Schlagartig sind keine Nussbäume mehr da. Stattdessen stehen jetzt die Kastanien am Weg, Doch die sammeln wir nicht. Später wird das uns Leid tun.

$bb-06$ Um 14:00 Uhr ist Aufbruch. Kaum haben wir unsere Rucksäcke wieder geschultert, da fängt es an zu regnen; der Regen wird stärker und wir fliehen vor einer Hausfront auf eine Treppe; ein heftiger Graupelschauer geht nieder, so dass es nur so rappelt.Da öffnet ein Mann die Haustüre und bittet uns doch hereinzukommen. Nein es wird gleich aufhören zu regnen und wir ziehen weiter nach Eguzon hinein. Vor der Kirche ist ein großer Platz, da hat Renate ein Geschäft mit Postkarten entdeckt, die wir schon lange gesucht haben. Also hin! Da ist auch noch eine Bar. Manfred bestellt gleich 4 Kaffee während wir Motive für unsere Grüße auswählen und dazu auch Briefmarken kaufen. Dann schmeckt auch noch der Kaffee au lait. "Schau da draußen", ruf Brigitte: da platzt der nächste Schauer heftig über die Straßen und Dächer. Wieder mal Glück gehabt! Gleich auf der anderen Seite des Platzes ist das Office de Tourisme. Dort werden wir nach einer Zugverbindung nach St. Amand fragen. Ja, wir haben wieder Glück. Der junge Mann ist sehr freundlich und kompetent. Wir erhalten Auskunft und Fahrpläne. Das ist uns noch selten begegnet. Um 08:20 Uhr geht der TGV von La Souterraine über Vierzon und ist um 11:20 Uhr in St. Amand.

Wir gehen auf der D 45 weiter bis zum Salle des fètes und biegen links ab. Es geht abwärts. Der nächste Schauer kommt - schnell Regenzeug anziehen! Nach dem steilen Abstieg folgt der ebenso steiler Aufstieg im Wald bis La Feyte. Wir queren eine Teerstraße und gehen auf einem Grasweg weiter. Rechts stehen ein paar uralte Eichen um einen Weiher; dann wird es wieder enger: Hecken stehen dicht am Weg. Brigitte und Renate Heilen voraus, während Manfred und ich Fotos machen. Und dann folgt der nächste Schauer. Der Wind peitscht den Regen über das freie Feld. Nein, das ist kein Vergnügen. Durchhalten, es kommt auch wieder anders. Als wir die Frauen eingeholt haben stellt Manfred fest: noch 2 Kilometer!

$bb-07$ $bb-08$

Die Sonnenblumenfelder sind längst verschwunden, hier stehen wieder Maisfelder. Die Aussicht wäre herrlich, wenn, ja wenn die Sonne schiene. Jetzt laufen wir auch flachem Weg. Da vorne ein paar Häuser, da hinten links ein paar Häuser! Namen? Wir erreichen wieder einen Teerweg und folgen ihm. Da hat einer sich in einer Waldnische vor einem Weiher ein Haus gebaut. Die Fenster sind noch drin, und so steht es wohl schon lange. Die Kühe aus dem Pferch schauen uns nach: seltsame Gestalten da doch sonst hier nur Autos passieren.

$bb-09$ Der Weg geht abwärts und abwärts, die Füße tun weh, der Rucksack schneidet in die Schulter. Da ist die Burgruine von Crozant. Dieser Bergsporn war schon in keltischer Zeit befestigt. Später haben die Westgoten hier eine erste Holzburg gebaut. Dann kam die mittelalterliche Burganlage. Da könnte man schön spazieren gehen, auf der Vorderseite den Bach Sedelle, auf der Rückseite die Creuse, die jetzt gestaut ist. Wir schauen und staunen seit wir die ersten Blicke auf diesen Ruinenberg werfen. Doch zunächst überqueren wir den Bach Sedelle, steigen wieder aufwärts bis zum Hotel des Ruines. $bb-10$ Es ist geschlossen. Manfred entwirft Pläne, was er mit so einem Bau in so einer fantastischen Lage täte. Ilona hätte sicher andere Pläne! Wir gehen wieder abwärts, denn unsere Unterkunft ist das Hotel du Lac, und das liegt ganz unten an der gestauten Creuse. Freilich hat sie zurzeit Niedrigwasser, denn zu Reparaturzwecken ist der See abgesenkt. Herrliche Fotoblicke ergeben sich unterwegs alle paar Meter, auch der Blick zum Hotel ist wunderschön. Noch einmal über eine Brücke, und dann sind wir da. War das ein weiter Weg! Die 2 Kilometer wollten kein Ende mehr nehmen. Ein freundlicher Holländer begrüßt uns und nimmt uns in Empfang.

$bb-11$ Zuerst ist ein Cognac fällig, dann ein großes Bier, dann weist er uns die Zimmer an. Duschen, umziehen, ausruhen. Abendessen ist um 19:30 Uhr. Es gibt Lachssteak mit Käse und Rote Grütze. Wir sitzen am Tisch und erzählen bis gegen 22:00 Uhr, dann ist Nachtruhe.

Toni






Home Vortag Seitenanfang nächster Tag