Vorwort
Im Jahre 1995 gewann Pastor Anton Franziskus, damals Pfarrer in Sulzbach, eine Handvoll Leute,
mit denen er auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela pilgern wollte.
Zuerst war es nur Neugier, die ihn auf die Idee gebracht hatte, wie er später
immer wieder versicherte, jedenfalls habe er nie geahnt, auf was er sich da
eingelassen hatte und dass ihn der Jakobsweg später nicht mehr wieder loslassen würde.
Als Startpunkt wählte Pastor Franziskus den alten Wallfahrtsort Le Puy en Velay, seit
dem Mittelalter Ausgangspunkt der Via Podiensis und seit jeher einer der Hauptsammelpunkte
der Jakobspilger aus den Niederlanden, Deutschland und der Schweiz.
Da die meisten Teilnehmer noch berufstätig waren beschloss man, in jedem Jahr in 2 Wochen
in den Herbstferien eine Etappe zurückzulegen, um so in 7 oder 8 Jahren nach Santiago zu gelangen.
Vereinbart wurde zwischen den Mitpilgern, dass man nicht in Pilgerherbergen, die
damals in Frankreich ohnehin nur sehr spärlich vorhanden waren, sondern in Gasthäusern
oder Hotels übernachten wollte. Auch nahm man auf dem täglichen Weg nicht das ganze
Gepäck mit, sondern transportierte dies in Pkw, die täglich vor- oder nachgefahren wurden.
In vier Jahresetappen ging es schließlich von Le Puy über Espalion, den alten Wallfahrtsort
Conques, Cahors, Moissac, Éauze, Aire-sur-l’Adour und St. Jean Pied de Port bis nach
Roncesvalles auf dem Kamm der Pyrenäen. Man hatte den gesamten Südwesten Frankreichs durchwandert,
aber immer noch lagen fast 800 km vor den Pilgern. Aber Spanien war erreicht und damit
war man auf dem Spanischen Weg, oder, wie es in Spanien heißt, dem Camino Francès, dem
Weg der Franken. Burgos und Ponferrada waren die Endziele der beiden folgenden Jahresetappen,
ehe die inzwischen 16 Pilgerinnen und Pilger am 8. Oktober 2001 überglücklich das Ziel
ihrer siebenjährigen Pilgerschaft, das Apostelgrab in Santiago de Compostela erreichten.
Auf der letzten Etappe durch Südfrankreich hatten die Pilger beschlossen, dass abwechselnd
von jedem Tag ein Bericht geschrieben werden sollte. Eine der Mitpilgerinnen übernahm es,
die Berichte in einem Heft zusammenzustellen. So verschieden die Mitpilgerinnen und
Mitpilger waren, so unterschiedlich sind auch ihre Berichte. Von sachlich nüchterner
Beschreibung des Tagesablaufs reicht die Spanne bis zu stimmungsvollen Beschreibungen der
Erlebnisse und eigenen Empfindungen während der Pilgerreise. Mehr oder weniger versteckte
oder auch offene Anspielungen auf Eigenarten und Marotten der Mitpilger geben ein beredtes
Zeugnis der großartigen Stimmung auf dem weiten Weg über sieben Jahresetappen. Kein Wunder,
dass wir die Jahresberichte bei unseren Nachtreffen mit großer Freude in Empfang nahmen und
seitdem hüten wie einen kostbaren Schatz.
Unsere begeisterten Erzählungen vom Jakobsweg interessierten auch unsere Freunde und
Bekannten, und so wanderten die Berichte häufig von Hand zu Hand, was mich auf die
Idee brachte, alle Berichte in einem Buch zusammenzufassen. Dabei habe ich mich ganz
streng an den ursprünglichen Aufbau gehalten, alle Berichte unverändert übernommen und
nur, den jetzigen technischen Möglichkeiten folgend, mehr Fotos eingefügt.
Die Gedanken auf dem Jakobsweg, die in den Jahresberichten stets im Anhang waren, habe
ich jetzt nach den jeweiligen Tagesberichten angeordnet, um so einen besseren Zusammenhang
zum Tagesgeschehen herzustellen. Bei diesen Gedanken auf dem Jakobsweg handelt es sich um
Meditationen, die Pastor Franziskus täglich bei einer sich bietenden Möglichkeit vortrug.
Es handelt sich ausnahmlos um kurze Stegreifpredigten über verschiedene Themen, die sich
aus dem Pilgerweg ergaben. Sie waren nie schriftlich fixiert und wurden vor Ort auf
Tonträger aufgezeichnet und erst später von mir ohne Korrekturen schriftlich festgehalten;
durch widrige Umstände sind einige leider unvollständig oder gingen ganz verloren.
Die beim jetzigen Lesen auffallende Wiederholung verschiedener Themen ist auf die
Tatsache zurückzuführen, dass zwischen den einzelnen Etappen immer ein ganzes Jahr
lag und so der Bezug zum Vorjahr verloren gegangen war.
Mein besonderer Dank gilt noch einmal meiner lieben Mitpilgerin Brigitte Bäuerle,
ohne deren Hartnäckigkeit beim Eintreiben der Berichte bei den einzelnen Verfassern
und ohne ihre großartige Arbeit bei der Zusammenstellung dieses Buch niemals hätte
erstellt werden können.
Aus diesem Buch ist die vorliegende Web-Seite entstanden.
Ich wünsche allen Lesern bei der Lektüre viel Freude und hoffe, dass dabei ein Stück
unserer Begeisterung vom Jakobsweg auf sie überspringen wird.
In diesem Sinne
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