Samstag, 27. August 2011
Von Toul nach Vaucouleurs bzw. Maxey-sur-Vaise

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Im Restaurant unter dem Hotel ABC nehme ich nur Orangensaft und Café, dann breche ich auf. Nach dem Regen am Vortag ist es sehr kühl. Ich komme an einer Bäckerei vorbei und kaufe 2 pains au chocolat. Ich ziehe meinen Anorak an.

Auf der schnurgeraden Straße verlasse ich Toul bzw. den Vorort Écrouves. Nach dem Ort komme ich an einer riesigen Panzerkaserne vorbei. Ich erinnere mich, dass französische Kasernen früher in einem sehr viel schlechteren Zustand gewesen sind. Kurze Zeit später liegt zur Rechten der kanadische Militärfriedhof Choloy-Ménillot. Ich zähle rund 2000 Gräber. Über die Bahnlinie und die RN 4 komme ich nach Choloy-Ménillot, ein typisch lothringisches Dorf: Niedrige Häuser mit flachen, mit roten Ziegeln gedeckte Dächer, davor viel Platz bis zur Straße. Es gibt einen ausgeschilderten Wanderweg nach Vaucouleurs, aber die Leute, die ich frage, können mir nicht sagen, wie und wo dieser Weg verläuft, deshalb bleibe ich bei meiner geplanten Route. Zunächst gehe ich einen falschen

Weg, aber ich merke es schnell und finde auch bald den richtigen Weg entlang der RN 4. Es ist zwar etwas laut, aber der Weg ist OK. Bei Sonnenschein versuche ich, meinen Anorak auszuziehen, aber der Wind ist eisig und ich packe mich bald wieder ein.

Bald treffe ich auf den ausgeschilderten Wanderweg, der von Froug kommt. Der von mir gewählte Weg war sicher angenehmer. Bergan geht es weiter über ein großes Feld an der ehemaligen Savonnerie entlang, die jetzt ein Pferdegestüt beheimatet.

Im Wald lässt der Wind nach. Dort treffe ich einen Jäger, der auf seine Genossen wartet; man will die Wege pflegen. Geradeaus geht es jetzt steil bergan auf einem schmalen verwachsenen Weg. Beim Abstieg folge ich der ungenauen Beschreibung des Outdoor-Führers und gehe prompt falsch. 10 Minuten muss ich zurücklaufen. Dann folgt die große „Boue“ über ein neues Straßenstück. Endlich Asphalt. Eigentlich soll man hier einen schönen Blick über das Tal der Maas haben, aber die Straße ist hoch zugewachsen. Unten angekommen erreiche ich erstmals die Maas und den Ort Ugny.

Das Dorf macht einen sehr ärmlichen Eindruck. Überraschenderweise hängt an der Kirche ein Zettel mit der Anschrift, wo der Schlüssel ist. Es ist gleich nebenan und ich erbitte mir den Schlüssel. Es ist eine winzig kleine Dorfkirche. Am Eingang hängt ein schönes Plakat, das an die Großzügigkeit der Gemeindemitglieder bei der Finanzierung ihrer Kirche apelliert1. Die Fenster zeigen Bernhard von Clairvaux beim Aufruf zum 2. Kreuzzug. Ich bringe der Küsterin den Schlüssel zurück und bedanke mich. Ich gehe die letzten 6 km bis Vaucouleurs an, denn ich will bis zu meinem Quartier in Maxey durchgehen. Aber es kommt anders, als ich es vorgesehen habe.

Kurz vor Vaucouleurs werde ich von der Seite von zwei jungen Pilgerinnen angerufen. Ob ich auch auf dem Jakobsweg sei. Nachdem sich herausgestellt hat, dass sie aus Saarburg, genauer gesagt aus Trassem bzw. Irsch kommen, oute ich mich auch als

Saarländer und wir führen unsere Unterhaltung in deutscher Sprache weiter. Sie stellen sich als Annika und Carolin vor und ich mache mit ihnen Pause. Sie wollen noch bis nach Joinville pilgern und dann nach Hause zurückfahren. Für heute und morgen haben sie noch keine Unterkunft. Ich gebe zu bedenken, dass es sehr schwer sein dürfte, jetzt noch eine Unterkunft zu finden. Ich selbst habe es vergeblich versucht und muss bis Maxey, 7 km weiter. Ich verabschiede mich und gehe alleine weiter.

Kaum in der Stadt, treffe ich auf einen Radfahrer, der den Kontakt zu mir sucht und natürlich alles von mir wissen möchte. Er war Lehrer für Mathematik an der Schule in Vaucouleurs, meinetwegen verpasst er eine kleine Radtour mit seinen Freunden. Ich erzähle ihm, dass ich in Maxey übernachten will und heute Abend zur Messfeier in Voucouleurs abgeholt werden soll. Er kündigt mir an, dass auch er dort sein wird und wir uns dann noch mal sehen werden.

Im Ort will mich ein Mann vor dem Denkmal der Jeanne d’Arc fotografieren, in diesem Moment treffen auch Annika und Caroline ein. Gruppenfoto ist angesagt. Wir gehen zusammen zum Office de Tourisme, die beiden jungen Damen wollen sich nach Unterkünften für die nächsten 3 Tage umsehen. Sie kommen mit mir zusammen in der Ferme Noisette in Maxey und bei Familie Staub in Domremy unter. Am folgenden Tag finden sie Unterkunft bei Mme. Suc in Cirfontaine, die offensichtlich nicht an Familien vermieten konnte, weshalb sie mir vor ein paar Wochen eine Reservierung abgelehnt hatte.

Ich gehe alleine zur Porte de France mit der Burgkapelle. Die Kapelle ist abgeschlossen, ich muss zurück, um den Schlüssel zu holen. Die Dame vom Office de Tourisme muss mitkommen.

Währenddessen gehen Annika und Caroline zum Einkaufen, dann warten wir gemeinsam darauf, von Madame Noisette abgeholt zu werden.

Wir sind begeistert von unserer Unterkunft, einem wunderschön restaurierten Bauernhof. Um 17.30 Uhr holt uns wie vereinbart Serge Rance zur Messe ab. Die Messe zur Verabschiedung von Abbé Joseph de Metz-Noblat als Pfarrer von Vaucouleurs ist sehr feierlich, mit Chor und vielen Besuchern aus allen Dörfern, die zur Pfarrei gehören.

Nach der Messe sind wir zum Empfang mit anschließendem Abendessen eingeladen. Jean-Pierre, der Radfahrer vom Nachmittag, hat mich eingefangen und wir sitzen beim Abendessen zusammen. Mit den Tischnachbarn entwickeln sich sehr interessante und freundschaftliche Gespräche. Es wird ein schöner und lustiger Abend, zu dessen Ende der zum neuen Generalvikar ernannte Abbé Joseph auch noch Geschichten und Witze erzählt und Lieder zum Besten gibt. Besorgt fragt er mich, ob mich sein Verhalten nicht schockiere. Ich versichere ihm, dass ich mich sehr darüber freue, einen Generalvikar kennen gelernt zu haben, der so offensichtlich das Herz auf dem richtigen Fleck hat.

Es wird spät, ehe wir nach Maxey mitgenommen werden. Ich glaube, das war der Höhepunkt meines diesjährigen Jakobswegs.

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