Donnerstag, 29.10.1998 - Heimfahrt von St. Jean-Pied-de-Port nach Olivet

Gestern haben wir die Pyrenäen überschritten, das Ziel unserer diesjährigen Wanderung erreicht, Roncesvalles. 10 Tage sind wir zusammen gewandert, ca. 220 km haben wir zurückgelegt. Viel zu schnell sind diese erlebnisreichen Tage vergangen, schade, aber wir können nichts festhalten, alles Schöne geht irgendwann zu Ende (Gott sei Dank nicht nur das Schöne!) Übernachtet haben wir wieder hier in St. Jean-Pied-de-Port im Central-Hotel.

Heute Morgen bin ich in dem kleinen Pyrenäenstädtchen im Tal der Nive unterwegs, um Proviant für die Heimfahrt zu besorgen. Schinken, occasion - 5 Scheiben kaufen 4 Scheiben bezahlen, Brot und etwas Obst. Nach dem Frühstück gehen wir mit der ganzen Gruppe zur Kirche Notre-Dame-du-Bout-du-Pont. Wir haben wenig Zeit für unsere Meditation, eine Putzfrau ist am Arbeiten und möchte ihren Staubsauger laufen lassen. Jetzt haben wir eine Stunde Zeit zum Schauen, Schlendern, Entdecken: die Citadelle, die alte Stadtmauer, die Brücke über die Nive.

Wolfgang und ich bummeln durch die Straßen, schauen uns die Geschäfte an. Wir kaufen uns 1 Pfund frische Feigen, eine Tüte Walnüsse, Erinnerungen an die Wanderung, an die Ernte unterwegs. In einem kleinen Souvenirladen findet Wolfgang eine olivgrüne Mütze, die ihm gut gefällt. Ich kaufe eine Baskenschürze für mich, viel zu schön zum Arbeiten, zur Zierde brauche ich auch keine, warum der Kauf? Vielleicht benötige ich zum Pfarrfest attraktive Arbeitskleidung?

Um 10.30 Uhr starten wir von unserem Hotel in Richtung Poitiers. Vor der Kathedrale von Poitiers wollen wir uns treffen, falls wir uns unterwegs auf der Autobahn aus den Augen verlieren. Manfreds Mercedes mit Toni, Helga und Edgar ist im Nu verschwunden. In Windeseile betanken wir unsere 3 Autos und machen Mittagspause, nur nicht den Anschluss verlieren! Wir müssen zeitig in Poitiers sein, damit unser Silberpfeil vor der Kathedrale nicht so lange auf uns warten muss. Im Zentrum von Poitiers quälen wir uns durch enge Gässchen, einen Mordsverkehr. Es ist sehr schwierig, gleich drei Parkplätze zu finden. Ein eiskalter Wind weht, den wir nicht mehr gewöhnt sind. Wir haben Mitleid mit unserer Vorfahrt, die sicher schon zähneklappernd geduldig vor der Kathedrale ausharrt. Fehlanzeige! Es ist niemand da. Hoffentlich ist unterwegs nichts passiert, oder sollten sie wegen der Kälte irgendwo in einem Café sitzen? Was tun? Wir besichtigen derweil die Kathedrale, immer auf der Suche und mit der Hoffnung, dass hinter einer Säule oder in einer Nische einer unserer unauffindbaren Jakobspilger auftaucht. Vergebens! Mit List und Tücke heften wir einen Notizzettel an die Eingangspforte der Kirche mit einer Nachricht für die Verschollenen. Wir steigen in unsere Autos und wollen weiterfahren. Plötzlich, wie ein Geist steht Manfred vor uns. „Wo bleibt Ihr denn? Wir warten schon die ganze Zeit auf euch.“ „Aber Wo?“ „Vor Notre-Dame-la-Grande! Das ist die sehenswerteste Kirche von Poitiers, der Star unter den Bauwerken der Stadt, wie kann man denn vor der Kathedrale stehen?“ Wir zeigen ihm die kalte Schulter. „Ihr habt uns schließlich vor die Kathedrale beordert. So, und nun fahren wir zu einem Hotel, in dem Beatrix über eine Freundin telefonisch Zimmer für uns reservieren ließ. Die Adresse bekommt ihr nicht. Und wenn ihr jetzt gefälligst nicht bei der Herde bleibt, könnt ihr heute Abend sehen, wo ihr euer müdes Haupt hinlegt.“ Das wirkt! Trotz einbrechender Dunkelheit bleiben alle vier Autos schön brav beisammen und fahren im Konvoi gen Olivet.

Gleich hinter der Autobahnzahlstelle, Ausfahrt Olivet, werden wir von Beatrix's Freundin abgeholt und zum Hotel Climat in Olivet gelotst.

Ein gutes Abendessen, ein Glas Wein (oder mehr), ein froher Abend, und alle sind wieder zufrieden.

Brigitte

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