Gedanken auf dem Jakobsweg
Spuren
- in der Pfarrkirche in Población de Campos
Aufbruch, war der erste Tag, wie immer; das weite Land das Thema am zweiten Tag, das uns überraschte, die
Meseta, und wir haben versucht zu verstehen: so ist auch mein Leben, in seinen Jahren ein weites Land mit
vielen Spuren, mit Höhen und Tiefen, mit allem Möglichen, was darin gewachsen und geworden ist. Gestern
mittag die ganze Erfrischung des Windes auf unserm Weg am Kanal erfahren. Wind in meinem Leben. Frischer
Wind in meinem Leben. Das brauchen wir immer wieder, damit wir nicht vertrocknen, damit wir nicht vermodern.
Heute haben wir ein Thema, das uns vom ersten Tag unseres Weges an begleitet, wo und wie auch immer wir
angefangen haben: Spurensuche. Spuren; mal von Traktoren gefahren auf Feldwegen; trocken, wo kein Gras mehr
wächst, wo vor uns Menschen hergegangen sind. Gestern Morgen hatten wir eine Strecke, wo rechts und links
die Traktoren gefahren sind und in der Mitte die Pilger gelaufen sind. Oder, vorgestern, ein Stück Weg,
als wir beim Rosenkranz waren, wo wir nur hintereinander gehen konnten. Spuren: Von Traktoren bei der
Arbeit auf Feldwegen; Radspuren; Abdrücke die wir immer wieder erkennen; Fußspuren, bei nassem Wetter
in den feuchten Erdboden gedrückt, mit Profil; Fußspuren im Staub; Brandspuren auf den Feldern; Furchen
gezogen; Spuren von Arbeit. Die Stoppeln und das Stroh, das ausgeschüttet ist; Mähdrescherspuren. Jede
Straße ist eine Spur; jeder Weg, den wir gehen, ist eine Spur, und immer wieder suchen wir nach dem Zeichen
am Weg. Spuren weisen in die Vergangenheit; sie sind vor uns angelegt worden; wir finden sie dort, wo
Menschen sie zurückgelassen haben, als sie den Weg vor uns gingen; als sie gearbeitet haben. Spuren weisen
in die Vergangenheit. Als wir noch nicht dort waren, da wurden sie schon gemacht. Spuren weisen in die
Zukunft; wir können ihnen folgen; dort, wo sie sich weiter finden, wollen wir hin, dort wollen wir nachgehen.
Wir folgen ihnen, aber nicht einfach blindlings, sondern kritisch, aufmerksam, indem wir die Spuren suchen,
die Spuren lesen, die Spuren deuten, die Spuren unterscheiden; oh, es gibt so viel dazu. Spuren in unserm
Leben, die unser Leben gezogen hat, über Jahr und Jahr; Spuren, die unser Leben ziehen wird; Spuren, die
unser Leben hinterlässt im Leben anderer Menschen, im Leben unseres Berufes. Wieviele Spuren haben wir
schon hinterlassen und wissen es nicht einmal. Wievielen Spuren sind wir gefolgt, ohne es vielleicht
genauer bedacht zu haben. Dann sind wir manchmal überrascht, wie wir weiter gekommen sind. Auch Spurensuche
in unserem Glauben. Welche Worte waren uns wegweisend. Welche Worte, welche Beispiele. Welche Menschen haben
uns begeistert, denen wir gefolgt sind, auf die wir geschaut haben, mit denen wir etwas anfangen konnten.
Ja, so ist unser Leben. Wir sind auf der Spur, wir suchen die Spur, und wir lassen auch Spuren zurück.
Spuren, an denen sich auch andere wieder orientieren können auf einem guten Weg, um weiterzukommen. Die
Spuren in unserem Weg, die Spuren an unserm Weg weisen immer über sich hinaus. Die Spuren, die wir
zurücklassen werden Orientierung für Andere.
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