Donnerstag, den 05.10.2000 -
Von San Nicolás del Real Camino nach El Burgo Raneros

Am Morgen nach der ersten Nacht im Hotel "La Codorniz" in Sahagún frühstückten wir um 7.30 Uhr. Während des Frühstücks trugen einige markante Sprüche über Erlebnisse bei der Bundeswehr zur allgemeinen Erheiterung bei. Auch wurden Einzelheiten über den Verlauf des heutigen Tages besprochen.

San Nicolas del Real Camino Der Ausgangspunkt unserer heutigen Wanderung war der Ort San Nicolás del Real Camino. Dieser Ort ist dem hl. Nikolaus geweiht, dem vielgestaltigen, mittelalterlichen Schutzpatron der Wanderer und Pilger. Mit zwei Autos fuhren wir um 8.30 Uhr mit zwölf Personen nach San Nicolás. Wegen Platzmangel mussten, wie immer in solchen Fällen, Helga und Beatrix im Kofferraum von Manfreds Auto Platz nehmen. Bei der Kirche begannen wir unsere Wanderung. Sie war leider, wie so oft in Spanien, geschlossen. Der Morgen war sehr kalt, Raureif lag über Wiesen und Feldern. Trotz Kälte versprach es ein schöner Tag zu werden. Mit zunehmender Sonneneinstrahlung erwärmte sich die Luft sehr schnell. Der Weg führte über flaches Land an riesigen Feldern und Wiesen vorbei. Brandgeruch lag über der Landschaft. Die Bauern legten einfach Feuer an die abgeernteten Getreidefelder. Ich habe darüber nachgedacht, wofür das gut sein könnte. Wahrscheinlich dient es zur Düngung. Sicherlich geht dabei vieles in der Natur zugrunde. Dieser Geruch begleitete uns schon seit einigen Tagen. Eine Stunde wanderten wir querfeldein bis zur Landstraße N 120. Da wir diesen Morgen noch keine Meditation hatten entschlossen wir uns diese zu überqueren um zur Einsiedelei Virgen del Puente zu gelangen. Über eine alte römische Brücke gingen wir über den kleinen Fluss Valderaduey. Die Einsiedelei ist im charakteristischen facundinischen Mudéjarstil erbaut. Sie liegt inmitten eines kleinen, schönen Pappelwaldes. Tische und Bänke aus Stein luden zum Sitzen ein. Genau richtig für unsere allmorgendliche Meditation. Jedoch waren die in der Sonne stehenden Sitzgelegenheiten bereits durch eine andere Pilgergruppe besetzt. Es fiel auf, dass an diesem Morgen schon sehr viele Pilgergruppen mit uns auf dem Weg waren. Wir mussten mit den kalten, im Schatten der Pappeln stehenden Steinbänken Vorliebe nehmen. Sitzkissen wurden verteilt.

Tonis Meditationsthema heute: Der Rucksack: Er ist, wie ich finde, eines der wichtigsten Utensilien der Wanderung, Der Rucksack birgt viele Spuren. Es gibt Rucksäcke in die Vergangenheit, die man als Last mitschleppt. Oft drückt der Rucksack schwer auf unseren Schultern. Der Inhalt des Rucksacks sollte immer überprüft werden. Sprich, das eigene Leben. Notwendiges sollte immer eingepackt sein. Wir sind das ganze Leben Reisende mit dem Rucksack. Auch die Zuhause gebliebenen sind mit im Gepäck. Der Rucksack will getragen sein mit den Anliegen, Lasten und Sorgen. Wir tragen mit für Viele auf unserem Weg nach Santiago, wie alle die vor uns gegangen sind und nach uns gehen werden.

Nach einer kurzen Pause ging es weiter. Um 11.00 Uhr erreichten wir Sahagún. Schon im frühen Mittelalter war Sahagún eine bedeutende Stadt auf dem Pilgerweg nach Compostela. Maßgebend für den Aufstieg Sahagúns war das Benediktinerkloster Santa Cruz. Es wurde von Königen und Bischöfen gefördert. Nach der Säkularisierung im 19. Jahrhundert hatte Sahagún seine Bedeutung verloren. Ein Brand verwüstete das Kloster. Heute sind nur noch einige Ruinen sichtbar, die die ursprünglichen Ausmaße dieses Klosters erahnen lassen.

Sahagun Einige Besichtigungen standen auf dem Plan. Zuerst holten wir uns im Oficinal de Información de Turismo den Stempel für unseren Pilgerpass. Wir besuchten die Kirche San Lorenzo. Ein Bauwerk aus dem 13. Jahrhundert, sehr eigenwillig, teils gotisch teils im Mudéjarstil, nur aus gebrannten Ziegelsteinen gemauert. Das Innere der Kirche befindet sich in einem desolaten Zustand. Nennenswert ist der Altar aus der frühen Barockzeit. Zu diesem Gebäudekomplex gehört auch die Capilla de Jesus Nazareno. In diesem Museum werden die Figuren und Utensilien für den Umzug in der heilige Woche (Karwoche) aufbewahrt. Beeindruckend auch das San-Facundo-Tor, ebenfalls erbaut im Mudéjarstil.

Sahagun Ein einmaliges Erlebnis war der Besuch im Museum der Benediktinerinnen. Dieses Museum besitzt eine Anzahl außergewöhnlicher Kunstwerke, darunter die Monstranz von Enrique de Arfe und die Virgen Peregrina, die Mutter Gottes als Pilgerin darstellend. Von der wunderschönen Kirche der Benediktinerinnen waren wir alle sehr beeindruckt. Singen in dieser Kirche war für uns ein Muss. Eine freundliche Benediktinerin führte uns durch Museum und Kirche und erklärte Bedeutung, Herkunft und Alter der Kostbarkeiten. Beatrix hat uns wie immer gekonnt übersetzt.

Einkauf des Tagesproviants in aller Eile. Mittagsrast war heute im Hotel. Die drei Fahrer, Beatrix, Gert und Walter trafen sich um 13.00 Uhr um die Autos von San Nicolás direkt bis El Burgo Raneros zu bringen. Weiter ging es ab Sahagún um 14.15 Uhr. Direkt nach der Stadt überquerten wir den Cea auf der Puente de Canto. Auf der rechten Seite passierten wir das schöne Pappelwäldchen (Wiese der Lanzen Karls des Großen). Bis Calzada del Coto ging unser Weg entlang der N120. Oftmals fahren Autos an uns vorbei, die Fahrer hupten, winkten uns freundlich zu. Ab diesem Ort gibt es nach El Burgo Raneros zwei Wege. Bereits beim Frühstück hatten wir uns für den Real Camino Frances entschieden. Dieser Weg ist ausschließlich den Pilgern vorbehalten. Zur Südseite ist er mit jungen Platanen bepflanzt, die in einigen Jahren den Pilgern Schatten spenden werden. In regelmäßigen Abständen findet man Bänke und Rastplätze. Ansonsten ist dieser Weg recht eintönig. Er war bestens für unser alltägliches Rosenkranzgebet geeignet.

In Bercianos del Real Camino Besuch einer Kaffeebar mit Pilgerstempel. Stempel abholen ist gleich Kaffeepause. Diese nachmittägliche Beschäftigung war uns zu einer lieben Gewohnheit geworden. Eine Überraschung am Weg. Am Fluss Charca del Olmo ein Wegkreuz, das an dieser Stelle auf den plötzlichen Tod eines Deutschen Pilgers aufmerksam macht. Wir verhielten einige Minuten in Stille. Viele Schafherden waren unterwegs. Riesige Felder rechts und links des Weges waren bereits umgepflügt und für die Wintersaat bereitet. Dazwischen lagen einige, kleine Weinberge. Der Wind war unser ständiger Begleiter bei diesem endlos langen Weg. Gert bemerkte bei einigen von uns Ermüdungserscheinungen. Gegen Ende der Wanderung eilte er voraus, holte ein Auto, um müde Wanderer aufzunehmen. Umsonst. Wir alle hatten unseren Stolz. Jeder wollten bis zum Etappenende laufen.

Die Autos standen ein Stück vor dem Ort El Burgo Raneros an einer Autobahnbrücke. Da nur zwei Autos zur Verfügung waren, altes Spiel, Beatrix und Helga ab in den Kofferraum. Rückfahrt nach Sahagún gegen 18.45 Uhr über die Autobahn ohne Gebühr , Ankunft im Hotel nach 19.00 Uhr. Nach diesem langen Marsch war Körperpflege angesagt. Das Abendessen war um 20.30 Uhr. Ihr erinnert Euch sicherlich noch an die Schnellabfertigung. Während des Essens hielten wir Rückschau auf den Tag. Die Route für den nächsten Tag wurde geplant. Nach einem Schlaftrunk an der Bar ging ein anstrengender, jedoch schöner Tag zu Ende.

Regina

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